Von fernen Zeiten künden uns die Quellen
Ob wirklich oder nur erfunden: Eine Geschichte macht Mut.
Irgendwann fragt sich ja jeder, ob der grosse Wilhelm Tell je wirklich gelebt hat. Oder ob er nur eine schöne Legende ist. Das führt uns direkt zur Frage, wie wir denn überhaupt wissen, was in früheren Zeiten war – und was nicht. Das zu erforschen ist die Aufgabe der Historiker und Historikerinnen. Sie nutzen dazu alle jene Dinge, die Menschen in früheren Zeiten hinterlassen haben. Urkunden, Münzen, Waffen, Bilder, Bauten: Alles dient der historischen Forschung als Quelle der Erkenntnis.
Ein Hort solcher Quellen ist das Haus bei dieser Station. Es beherbergt das Staatsarchiv Uri und die Kantonsbibliothek. Hier finden wir nicht nur ein formidables Lesecafé. Hier lagern auch zweihundert Urkunden aus dem Zeitraum von 1196 bis 1771. Die älteste davon legte übrigens die Grenze zwischen Uri und Glarus fest. Von Wilhelm Tell dagegen fehlt in den Urkunden jede Spur. Nicht zuletzt deshalb ist historisch inzwischen umfassend widerlegt, dass es Wilhelm Tell und den Landvogt Gessler je gegeben hat. Fast ein wenig schade! Aber obwohl die Geschichte von Tell nicht wahr ist: Sie wirkt bis heute. Nachdem sie erstmals im Jahr 1470 im Weissen Buch von Sarnen aufgetaucht war, trat sie ihren Siegeszug durch die Eidgenossenschaft an: als willkommener Gründungsmythos für ein freiheitsliebendes Land.
Was den alten Eidgenossen diente, passte auch dem Rest Europas. Wo immer Menschen unfrei lebten, suchten sie Inspiration und Mut im Mythos Tell. So auch an der Wende zum 19. Jahrhundert, als sich das moderne Bürgertum gegen die alte Adelsherrschaft aufzulehnen begann. In diesen revolutionären Zeiten eroberte Tell die Herzen und Köpfe der Menschen. So ging in der revolutionsverliebten französischen Stadt Paris der italienische Komponist Gioachino Rossini schliesslich daran, den Mythos Tell auf die Opernbühne zu bringen. Die Vorlage dazu lieferte ein deutscher Dichter. Aber das ist eine andere Geschichte.
Die Urner Urkunden gibt es auch digital!
Die alten Urkunden des Staatsarchivs Uri sind inzwischen alle digitalisiert und online einsehbar. Sie führen in die Anfänge des Landes Uri und der Eidgenossenschaft. Darum: Hier klicken und ab ins echte Mittelalter!